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Wie viele und wie tiefe Fallunterscheidungen sind normal?
#1
Hallo Rätselfreunde!
Ich möchte gern wissen, wie viele Fallunterscheidungen bei den Rätseln der Quali und des Finales der Logic Masters "normal" sind, d.h. nicht durch andere logische Schlüsse ersetzbar.

Meistens kommen auch bei Schlüssen durch Fallunterscheidungen die Tücken/Schönheiten eines Rätsels zum Vorschein, aber ich frage mich dennoch manchmal, ob man durch zu viele Fallunterscheidungen etwas vom Rätsel verpasst.

Die Fallunterscheidungen sind bei mir immer nur so tief, dass ich sie noch im Kopf durchführen kann. Also in der Regel Tiefe 1, höchstens Tiefe 2 (= eine Fallunterscheidung in der Fallunterscheidung).

Ich mache mal zwei Beispiele:
Wenn beim Doppelstern in einem Gebiet noch zwei Plätze für einen Stern verfügbar sind, setze ich gern gedanklich den Stern auf einen der beiden Plätze und ziehe ein paar Schlüsse - wenn sich dann kein offenkundiger Widerspruch ergibt, setze ich den Stern gedanklich auf den anderen Platz. Wenn sich nun wieder kein offenkundiger Widerspruch ergibt, kann ich keine Aussage treffen und habe ein wenig Zeit mit der Fallunterscheidung verloren.

Wenn beim Zeltlager für einen Baum nur zwei Zeltplätze möglich sind, mache ich dasselbe. Ich hatte da schon mal ein Rätsel, bei dem sich aus einem der beiden Fälle zehn weitere Zelte zwingend ergaben und erst danach der Widerspruch, d.h. hier saß der Widerspruch ziemlich tief, obgleich der Fall an sich leicht zu behandeln war.

Weiterhin lässt sich sagen, dass ich die Fallunterscheidungen nur dann einsetze, wenn es wirklich sinnvoll erscheint, ich z.B. einen Fall ausschließen möchte, der mir lästig und unwahrscheinlich vorkommt.

(Dass man im Endspurt, wenn das Rätsel schon so gut wie gelöst ist und nur noch einige Kleinigkeiten fehlen, schnelle und beinahe unbewusste Fallunterscheidungen macht, ist denke ich zwingend und darum gehts mir hier weniger.)

Das von mir, jetzt bin ich gespannt, was ihr so dazu sagen könnt Smile
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#2
Es ist schwierig, so etwas klar zu definieren. Denn was für den einen noch ein logischer Schluss ist, ist für den nächsten schon eine Fallunterscheidung.

Zum Beispiel könnte man beim Schluss "Hier kann dies nicht gehen, weil ..." diskutieren, ab welcher Komplexität der Begründung er von logisch gelöst zu ausprobiert wird.

Andererseits wird von den Rätselautoren bei der Quali und den Finals der Logic Masters immer versucht, die Rätsel logisch lösbar zu machen. Falls du da mal ein Rätsel hast, bei dem du an einer Stelle wirklich keinen logischen Schluss siehst, kannst du ruhig hier nachfragen und dir wird bestimmt geholfen. Ich muss aber dazu sagen, dass es bei den schwierigsten Rätseln manchmal doch auf kurze Fallunterscheidungen hinauslaufen kann.
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#3
Der Schwierigkeit der Definition stimme ich zu, gefühlsmäßig würde ich aber etwas, was eine große Zahl an Möglichkeiten sofort ausschließt, nicht als Fallunterscheidung ansehen, wobei die Einstufung als "große Zahl" auch in Abhängigkeit der Rätselgröße bzw. der Anzahl der Varianten erfolgen müsste.

Bspw. die Aussage "Von den fünf Kästchen, von denen eines eine 4 enthalten muss, können nur diese beiden Kästchen eine 4 enthalten, weil..." ist denke ich meistens ein schöner logischer Schluss, auch wenn es im Prinzip nur die Fallunterscheidung "4 in diesen drei Kästchen oder 4 in den anderen zwei Kästchen" ist.

Auf das Angebot mit dem Nachfragen an einer kritischen Stelle komme ich gerne mal zurück, danke!
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#4
Für mich zählt nur das als Fallunterscheidung, was ich nicht mehr im Kopf hinbekomme. Andernfalls kann man doch (nahezu?) jeden Schluss beim Lösen als teils sehr simple Fallunterscheidung interpretieren und bekommt Probleme, wo man die Grenze zieht. ("Wenn ich neben diese 0 beim Rundweg einen Strich zeichne, ist die Vorgabe verletzt, also darf dort kein Strich sein." kann man auch als triviale Fallunterscheidung sehen.)
Bei meiner Grenzziehung ist es dann aber natürlich sehr subjektiv, weil unterschiedliche Rätsler im Kopf unterschiedlich tief ins Detail gehen. Mit dieser Definition erwarte ich eigentlich, dass alle Rätsel bei der Quali und der Meisterschaft von mir ohne Fallunterscheidung lösbar sind, wenn ich die richtigen Ansatzpunkte finde. Weil mir das aber nicht immer gelingt und ich mich eh nicht drauf verlassen kann, kommen Fallunterscheidungen bei mir beim Lösen durchaus auch zum Einsatz. Ich bemühe mich aktuell sogar, schneller mit Fallunterscheidungen zu beginnen, wenn ich den Ansatz nicht schnell genug sehe, weil das unterm Stich in der Regel schneller ist.
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#5
Interessant! Verstehe ich das richtig, dass du bei Fallunterscheidungen schriftlich eine Variante austestest und wegradierst, wenn sie sich als falsch herausstellt? Wenn ja, läufst du bei solchen "harten" Fallunterscheidungen nicht Gefahr, viel Zeit zu verlieren, wenn sich der eventuelle Widerspruch erst sehr spät ergibt?

Wenn ich Rätsel für mich löse, geht es mir eher nicht um die Zeit, sondern ich möchte so viel wie möglich aus dem Rätsel mitnehmen, deswegen verwende ich bspw. Schlüsse nicht, die sich auf die Eindeutigkeit der Lösung berufen.
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#6
Ja, ich zeichne in den Fällen tatsächlich eine Variante ein. In den meisten Fällen allerdings entweder deutlich feiner oder mit einer anderen Notation als der Rest. Dann kann ich manchmal ohne Radieren einfach drüber zeichnen. In der Regel ergeben sich Widersprüche zum Glück relativ schnell. Da ist es schon kniffliger, wenn ich den richtigen Pfad erwische. Da weiß ich manchmal nicht, ob ich den anderen Pfad "schnell noch" zum Widerspruch führe, um sicher zu sein, oder einfach das Beste hoffe und weiter löse.

Unterm Strich ist das aber in der Regel in jedem Fall schneller, als weiter nach einem Ansatz zu suchen, den man schon beim ersten Suchen nicht entdeckt hat. Wenn man noch andere Rätsel zum Lösen hat, kann es aber auch helfen, zunächst ein anderes anzuschauen/ zu lösen, um dann das erste Rätsle mit neuen Augen betrachten zu können.

Das alles natürlich nur auf Wettbewerbssituationen bezogen. Abseits davon gehe ich nur zu Fallunterscheidungen über, wenn ich mir sehr sehr sicher bin, dass es keine Ansätze mehr gibt, die ich im Kopf hinbekomme. Damit lerne ich mehr über das Rätsel und meine Chancen, die richtigen Ansätze zukünftig schneller zu finden, steigen.
Was das Ausnutzen der Eindeutigkeit angeht, habe ich keinerlei Hemmungen. Ich sehe das einfach als eine weitere Art der logischen Schlussfolgerung. Und es gibt durchaus auch Rätsel, die nur unter Zuhilfenahme des Ausnutzens der Eindeutigkeit ohne Fallunterscheidungen lösbar sind. Ich erinnere mich da an ein Höhlenrätsel in einer Teamrunde der WM vor ein paar Wochen in London, wo man ohne das noch härter zu knabbern gehabt hätte...
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#7
Dieses Höhlenrätsel war aber auch ein gutes Beispiel dafür, dass Fallunterscheidungen zum Teil sehr viel schneller sein können. Wir hatten zu viert lange draufgeschaut und keiner hat irgendwas gesehen. Zum Glück konnten wir uns auf Fallunterscheidungen einigen.

Ich trenne auch die Nutzung der Eindeutigkeit nach Wettbewerbs- und Spaßsituationen. Wenn ich die Eindeutigkeit ausnutze, merke ich meist gar nicht mehr den eigentlichen logischen Schluss. Um den zu lernen, muss ich ihn aber auch erkennen und anwenden. D.h. zum Spaß keine Eindeutigkeit.
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#8
Ich denke, es gibt aber auch einen sauberen Eindeutigkeitsschluss:

Wenn ich einen solchen gefunden habe, suche ich anschließend davon ausgehend die Schlussweisen rückwärts. (Als Mathematiker würde man vielleicht ein Ausrufezeichen an den letzten Eintrag schreiben: Das muss so sein, aber warum, weiß ich noch nicht.) Ansonsten hätte man die wichtige Information, dass ein bestimmter Eintrag zwangsweise erfolgt ist, verloren, wie Sebastian schon dargelegt hat. Für diesen Eintrag muss es ja noch einen bisher nicht entdeckten Grund geben, der sich extern, also aus dem restlichen Rätsel, ergibt.

Ein einfaches Beispiel: Rundweg, mit Schachnotation:

- In A1 (Ecke!) und B2 steht je eine 2, in A2 und B1 nichts

- Der Rundweg kann um die 2 in A1 am Rand des Rätsels entlang oder auf den Kanten zwischen A1 und A2 (A1/A2) und zwischen A1 und B1 (A1/B1) laufen, die Felder A2 und B1 verhindern das nicht: Uneindeutigkeit droht!

- Das einzige Gegenmittel: Der Rundweg um die 2 auf B2 muss über die Kanten A2/B2 und B1/B2 laufen, das zwingt das äußere Rundwegstück an den Rand.

- Jetzt muss man noch einen weiteren Schritt zurück machen: Warum kann der Rundweg um B2 nicht über die Kanten B2/B3 und B2/C2 laufen? Dazu muss die Ecke zwischen B2 und C3 von einem weiteren Rundwegsegment belegt sein. Man muss also in diese Richtung weiter suchen.

- Bis man diese Kette von Fragen nicht beantwortet habe, kann man die Linien um A1 und B2 nicht guten Gewissens einzeichnen, denn sonst verschwendet man, wie gesagt, eine wichtige Information. Ich muss also so lange rückwärts suchen, bis ich den ursprünglichen Grund für die aufgrund der Eindeutigkeitsforderung eigentlich schon bekannten Teillösungen gefunden habe.

- Oder ich muss die zuletzt eingetragenen Kanten zumindest markieren und später daran weiter knobeln.

Mal so zur Diskussion gestellt.
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